Samstag, 27. Oktober 2012

Hilfe annehmen

Für mich ist dies der Knackpunkt: Zu erkennen, dass ich es nicht (mehr) ohne Hilfe schaffe. Das macht mich erst einmal noch unsicherer. Kann ich diesem Menschen trauen, kann sie/er mir wirklich helfen? Werde ich nun bevormundet? Weiss nun jemand an meiner Stelle, was das Richtige für mich ist ist? Werde ich dann nicht noch hilfloser sein, abhängiger, ohnmächtiger?

Ich habe darauf verschiedene Antworten gefunden:
  • Es ist wichtig, dass ich die Hilfe zu einem frühen Zeitpunkt hole, nämlich dann, wenn ich beginne, unsicher und wacklug zu werden, aber noch selbstständig entscheiden und handeln kann.
  • Wenn ich spüre, dass ich diese Form der Hilfe nun nicht mehr brauche, muss ich auch bereit sein, diese loszulassen. Umgekehrt gilt das auch. Ich kann eine getroffene Entscheidung jederzeit wieder rückgängig machen. Es ist nichts in Stein gemeisselt! Auch wenn ich mal etwas entschieden habe, kann ich diese Meinung wieder umwerfen. So zB mein Entschluss, nach 7 Jahren ohne Psychopharmaka, doch wieder welche zu nehmen (seit 2010). Was ich nicht bereue. 
  • Ich stehe dazu, verschiedene Methoden der Unterstützung zu wählen und zu mischen. So nehme ich alternativmedizinsiche und schulmedizinische Beratung/Medikamente in Anspruch, sowie Psychotherapie … 
  • Eine gute Hilfe ist immer eine Hilfe zur Selbsthilfe; sie entmündigt nicht, sondern befähigt! 
  • Opfer von Gewalt, egal welcher Art, misstrauen menschlicher Hilfe schnell. Ärzte sind, mit ihrer Autorität, in Augen von Opfern schnell "der Feind" schlechthin. Ich akzeptiere für mich, zu dieser sensibilisierten Menschengruppe zu gehören. Dies erfordert von mir ein Mitgefühl für mich selbst, wenn ich mich durch ärztliches "Personal" oder eine Therapeutin/einen Therapeuten oder eine Therapieform "terrorisiert" oder bedroht fühle. Es ist nicht alles so schlimm wie es sich anfühlt. Andererseits kann etwas Kleines auch sehr schlimm sein ... Das gilt ebenso für den alternativen/esoterischen Bereich. Auch dort kann es zu gefühlten Übergriffen kommen. Ich lerne, damit umzugehen und mich deutlich auszudrücken was ich will und was ich nicht will. Das gilt auch für die Dosierung oder die Art von Medikamenten. Ärzte sind sogar lernfähig ... Bei Alternativmedizinern, ich weiss nicht … >_< 
  • … to be continued … 






… Hilfe für andere, jetzt wird es kompliziert …





(Triggerwarnung: Suizid, Selbstmord, Tod eines Angehörigen d. Suizid)






























Mein Bruder konnte sich genau diese Hilfe nicht holen. Er mochte sich keinem fremden Menschen (in diesem Falle Psychiater) anvertrauen, er hat es ausprobiert, es war ihm im innersten zuwider, über persönliche Dinge mit einem wildfremden Menschen zu reden. Er fühlt sich, als würde er ins Leere sprechen, der Arzt hörte vorallem zu. Er fühlt sich dadurch alleine gelassen, hätte gerne eine Reaktion, einen Tipp gehabt. Wobei das ja auf die Therapiemethode/Schule ankommt …


Er hatte einen dicken Kopf. Er lehnte Medikamente und auch alternative Methoden ab. Ein Freund von ihm, selber Medizinstudent auf dem Weg zum Psychiater, hätte ihn begleitet bei einem neuen Versuch, doch einen Arzt aufzusuchen. Doch das wollte er auch nicht.


Wie oft muss man einem Menschen die Hand reichen?

Ich überlegte mir, wie es gewesen wäre, hätte ich ihn zwangsweise in eine Klinik einliefern lassen oder so lange genervt, bis er mich mit zu meiner eigenen Therapeutin begleitet hätte.

Er hat nie eine Andeutung gemacht, dass er sich etwas antun will. Doch sein Lebensstil war auf Dauer zuviel für ihn. Doch nur auf Verdacht hin, wäre eine Einlieferung gar nicht gegangen …

Vielleicht hätte ich ihn ansprechen sollen, meinen Verdacht äussern und offen ansprechen. … Hast du vor, dich …

Ich habe mich dafür entschieden, ihn seinen Weg gehen zu lassen, weil ich mich überfordert und auch genervt gefühlt habe. Sein Alkoholkonsum und die für seine Musik durchwachten Nächte, am nächsten Tag auf die Arbeit – das konnte ich nicht mitansehen. Habe ihm gesagt, ihn gewarnt, dass das zuviel ist, er sich besser Sorge tragen sollte, mit den Kräften haushalten. Wenn wir uns sahen, hatte er meist einen Kater.

Ich wollte lieber endlich selber mein Leben in den Griff bekommen, hatte, zeitgleich mit ihm, eine Ausbildung angefangen. Wollte diese Chance packen und sie forderte meine ganzen Kräfte. Man kann für jemand anderen nicht auf Dauer die Lust am Leben übernehmen …

Nun stellt sich ein schales Gefühl ein, immer dann, wenn ich zurückblicke, meinen Erfolg, (Ausbildung und Ankommen im Arbeitsleben) kann ich nicht so richtig geniessen. Ich muss immer wieder daran denken, dass er auf der Strecke geblieben ist. Vielleicht, wenn ich mich besser um ihn gekümmert hätte, wäre er vielleicht noch am Leben wäre … Vielleicht …

Doch andererseits nochmal: Wie oft muss man jemandem die Hand reichen? Mit Rat und Tat zur Seite stehen, während der andere sich selber ausbeutet, bis zum Exzess lebt. Während man selber schwankt und seinen Weg sucht. Und wann muss man sich einfach mal um das eigene Leben kümmern?




Diese Frage stelle ich mir immer wieder von neuem … Ich weiss, er trägt mir nichts nach, und doch … es bleiben ein Schmerz und ein grosses Loch zurück. Und in mir ist seither die Überzeugung gewachsen; ich mach es anders, ich will nämlich leben …




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