Samstag, 27. August 2016

Ernüchterung und neue Chancen (Arbeit 1)

Oder: Was die letzten 10 Jahre geschah


Per aspera ad astra -- hat das mein Vater einmal genannt, weil er es auch kennt.. Durch die Mühsal zu den Sternen. Und es passt wie die Faust aufs Auge.

Am Freitag hatte ich so einen Moment, an dem mir plötzlich bewusst wurde, wie viel ich schon an mir gearbeitet habe. Ich hatte einen ganz klaren Entscheidungsmoment -- wo ich mich für meine eigene Wahrheit entschieden habe (innerlich) und standhaft geblieben bin, in einer Situation, in der ich sonst in Panik verfalle. Das tat so gut.

Mir ist klargeworden, dass ich sehr viele "vernünftige" Entscheidungen getroffen habe die letzten Jahre. Erst kamen die beruflichen Abklärungen für psychisch Angeschlagene (2006). Die Berufswahl war ein besserer Kompromiss. Ich wollte die Lehre unbedingt im geschützten Bereich absolvieren und da sind die Berufe nicht so vielseitig. Die Lehre durchzustehen war ein Knochenjob (aufgrund meiner Ängste) und der Suizid meines Bruders fiel genau in den Beginn meiner Lehre (Herbst 2007). Ab da hab ich mich nur noch mehr reinversenkt. Da war dieses Gefühl von "jetzt erst recht". Ich war wirklich verbissen. Manches habe ich nur noch im Tunnelblick erlebt. Doch ich habe meine Erstausbildung mit 32 Jahren auf diese Weise abgeschlossen. In dem ich drangeblieben bin. Mir haben sehr viele Menschen geholfen, dass ich die Spur nicht verloren habe. 2010 war ein Scheissjahr, aber irgendwie ging auch das vorüber ... seither nehme ich halt wieder ein Medikament für die Psyche.  Ich habe 2011 eine vollwertige vierjährige Lehre abgeschlossen. Nur die praktische Prüfung, da hats vor Prüfungssstress haarscharf noch für "genügend" gereicht. Trotz guter bis sehr guter Leistungen über die ganze Lehrzeit.

Die Spur habe ich nie komplett verloren. Auch dann nicht, als ich 2012 den Schritt in den ersten Arbeitsmarkt geschafft habe. Vorher bekam ich noch ein Coaching, damit ich mich darauf vorbereiten konnte. Also auf den Schritt vom geschützten Bereich in die Freie Wildbahn (alias freier Arbeitsmarkt). Ich habe sehr viel Hilfe bekommen und auch die Zusammenarbeit mit den Fachpersonen und Ämtern habe ich als hilfreich und konstruktiv erlebt. Mir wurde wirklich Verständnis entgegengebracht. Horrorgeschichten habe ich keine erlebt.

Die Angst ist trotzdem meine ständige Begleiterin. Und ich versuche, mich mit ihr zu arrangieren.



Und es ist manchmal einfach ermüdend, gegen die eigenen (bewertenden) Gedanken anzuleben, täglich aufs Neue, mir selber immer und immer wieder mir Mut zu machen. Immer wieder mir zu sagen, dass ich doch schon so viel erreicht habe und dass es auch so weitergeht. Auch dann, wenn ich es gerade gar nicht erfühlen kann -- mich meilenweit von allem und allen entfernt glaube -- und nicht daran glaube. Mir hilft es, dann einfach "mechanisch" dranzubleiben, bis ich wieder bei mir bin.

Mir zu sagen, dass sich neue Möglichkeiten ergeben werden, wenn ich nur offen dafür bin. Und wenn die Sonne dann wieder scheint in meinem Leben, dann fühle ich es auch. Und doch ist es anstrengend, meinen skeptischen Blick auf die Arbeitswelt (oder dessen "was man für Geld macht" nicht zur ständig grau beschlagenen Brille werden zu lassen.

Und dann bin ich wieder bei den Vernunftentscheidungen. Weil mir immer mehr bewusst wird, dass ich nur eine Teilstrecke des Weges aus Vernunft gehen kann. Ich habe schon genügend Menschen getroffen, die ihrer Vision folgen und gespürt, wie viel Energie sie aus diesem Weg ziehen! Und das ist mein Thema: der fehlende Antrieb. Ich bin ein Mensch, der sich Ziele dann setzt, wenn mich etwas interessiert. Und ansonsten dümple ich vor mich hin und scanne die Welt nach Interessantem ab. Und eine routiniert erledigte Arbeit ist keine Herzenssache.

Und was spricht mein Herz?
Wenn ich hinhöre ist da vor allem einmal: Leere. Und das Herz ist ganz überrascht, dass ich es überhaupr noch beachte: "Meinst du wirklich mich?! Also auf die Schnelle kann ich dir jetzt auch nicht antworten, da musst du schon mehr Zeit mitbringen und Geduld! Und dann schmeiss auch nicht gleich wieder die Flinte ins Korn, wenn dir meine Botschaft "unrealistisch" erscheint, gell!" 

Ähm ... äh, ja ... nee soviel Zeit habe ich heute nicht. Morgen vielleicht?!

"Das glaubst du ja selbst nicht.." Herz wirkt amüsiert, aber auch etwas schwermütig.

2 Kommentare:

  1. Schön geschrieben. Wünsche dir viel Mut für die Zukunft und deine Herzenssachen...

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