Donnerstag, 16. Juni 2011

Grenzüberschreitungen

Ich habe es gerade mit den schweren Themen.

Sexuelle Gewalt
Gerade habe ich (via Mädchenmannschaft) die Geschichte einer Vergewaltigung gelesen. Verstörend. Was dieser Frau, Liz Seccuro, geschehen ist – und vor allem, wie es danach weiterging. Wie ein traumatisierter Menschen einfach ignoriert werden kann.. Völlig entwürdigt wird durch das Schweigen derjenigen, die sich kümmern sollten. Erschreckend auch das Wissen, das so etwas tausendfach, ja, millionenfach passiert. Ich bin froh, dass Vergewaltigung heute kein Kavaliersdelikt mehr ist. Doch was ist, wenn Aussage gegen Aussage steht? Und was ist mit all den Gefälligkeiten die Frauen immer noch leisten "einvernehmlich", weil sie keinen anderen Ausweg sehen …

Collateral Damage
Es beschäftigt mich auch, was in vielen Beziehungen geschieht. Ich meine damit die Schattenseiten der Zweisamkeit. Ich nehme mich selbst nicht aus. Beispielsweise wenn einer für etwas herhalten muss, wenn er/sie eine Projektionsfläche bildet für das eigene …. Erwünschtes, Befürchtetes, Verhasstes, Geliebtes. ... Ich glaube daran, dass es wichtig ist, sich selber auf die Spur zu kommen – statt den anderen als Geisel zu nehmen. Mir ist der herrschende "Beziehungsmarkt" total suspekt, all diese Datingportale, Fremdgehbüros etc.

Ich will herausfinden, wer ich selber bin. Ich bin weder die Kampffrau noch das Mäuschen. Ich bin eins und alles. Ich bin genauso derb wie poetisch. Ich will. So. Sein. Weil das "ICH" viel mehr ist, als ein eng gesteckter Jägerzaun um irgend ein eignes Gärtchen …

Mir geht eine Wahrheit nach der anderen auf. Mir wird auch bewusst, dass und wie ich meine Spielchen treibe mit dem anderen Geschlecht. Ich brauche es, mich überlegen zu fühlen, die Situation im Griff zu haben. Es braucht schon einen sehr sanften Mann, damit ich mich zurücknehme und friedlich bleibe. ich habe soviel Lebenskraft, Wut und Lebenslust in mir. Das drängt nach draussen. Und ich fühle mich auch noch sehr beeinträchtigt von meiner Vergangenheit. Die vermag ich zwar langsam abzustreifen, doch es braucht Zeit und Geduld. Darum gehts mir: um Menschlichkeit. ich möchte menschlich behandelt werden und darum will ich auch andere menschlich behandeln. Auch wenn innerlich oft ein Kampf tobt. Ich bin auf dem Weg.

Frauen und Gewalt
Das Schema Frauen = Opfer, Männer = Täter – das geht für mich nicht mehr auf. Ich rede jetzt nicht von Vergewaltigungsdelikten und von häuslicher Gewalt sondern vom ganz normalen Beziehungsalltag. Ich sehe einiges anders. Weil meine Erfahrungen andere sind. Weil ich (seelische) Gewalt und Machtausübung von Frauen sehr wohl kenne. Das mag auch der Grund sein, warum ich mich nicht als Feministin sehe, obwohl ich mich wie eine fühle.

Meine These: Frauen sind genauso grenzüberschreitend wie Männer. Es ist nur nicht so offensichtlich. Weil offene Gewalt bei Frauen (eher) tabu ist. Hintenrum geschieht es aber doch: Frauen sind schneller dabei, jemanden zu mobben. Über den Mund fahren, jemanden bedürftig halten, Niederhalten, Abwerten, subtile "Spielchen". Oder der Mutter rutscht halt öfter die Hand aus. Oder der Ehemann wird fertiggemacht. Frauen sind auch gewalttätig. Darum mag ich die alte Leier nicht mehr hören. Wegschauen gilt auch hier nicht …

These: Gewalt geschieht immer dann, wenn ich mein Gegenüber abwerte oder in seinen Grenzen verletzte.

1 Kommentar:

  1. danke für diesen beitrag! da kann ich dir nur zustimmen.
    es ist - wie bei allen dingen - so, dass es auch hier zwei seiten gibt. darum stimmt jede verallgemeinerung nicht.
    zu deiner these: grundsätzlich stimmt es wohl so, wie du schreibst, dass Abwertung und Grenzüberschreitung bereits Gewalt sein kann. doch ich sehe auch da nuancen. ich finde, es ist ein unterschied ob ich jemanden absichtlich verletze ("z:B.jemandem verbal "drüberfahren") oder so wie es oft im Alltag passiert - unabsichtlich, weil ich den anderen vielleicht zu wenig kenne. das ist vielleicht unachtsam, aber dies bereits als "gewalt" zu bezeichnen, geht mir dann doch zu weit. das paradoxe an den grenzen ist ja, dass man sie nur durch nah dran gehen bzw. überschreiten kennen lernen kann (- bitte das jetzt nicht missverstehn! da spreche ich vor allem aus der kindererziehung.)
    auch hier ist vielleicht die verallgemeinerung "immer" zuviel des guten...
    liebe grüße vom see!
    karin

    PS: danke für deine besuche auf meiner seite und die lieben kommentare! ich komme öfters zu dir schauen / lesen, aber bin keine so große kommentiererin...

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