Dienstag, 16. November 2021

Das Erbe antreten (Vater)

Es ist glaube ich wirklich die richtige Jahreszeit, sich mit den Ahnen auseinander -- und in Verbindung zu setzen. Mir kam wieder in den Sinn, dass in einem der Tiefs in diesem Jahr (Melancholie und grosse Schwere), ich mich gefragt hab, was das soll. Diese Mühsal! Ich hatte genug davon.

Mir kam auch mein Vater in den Sinn, der Zeit seines Lebens immer wieder unter Depressionen und Schwermut litt. Ebenfalls der Vater meiner Mutter, also mein Opa. Das grüblerische Zurückgezogensein liegt halt schon auch irgendwo in meinem Blut. Was mache ich daraus? Als Impuls kam: Tritt das Erbe deines Vaters an. Das kam bestimmt und direkt. Hm, welches Erbe? Was genau, was lebte er denn?

Er hat sich Mitte dreissig nochmals für einen neuen Weg entschieden, in dem er eine geistliche Laufbahn einschlug. Nach seinen Jahren als Bürokaufmann wählte er den Weg seiner Berufung. Fürs akademische Studium (Pfarrer werden) war sein Kampf mit den alten Sprachen eine zu grosse Hürde. Daher entschied er sich, eine Schule zu besuchen, die Diakone und Prediger ausbildet. Das war eine grosse Lebenswende für ihn. Und diesen Weg verfolgte er. 

Ich hatte einen Vater, der viel zu Hause war, weil sein Home auch sein Office war. Ich bekam mit, wenn Menschen mit ihren Sorgen zu ihm kamen und wie er sich abmühte, bis Samstags seine Predigten vollendet waren. Als Perfektionist tat er sich da nicht leicht. Und die Rolle des Seelsorgers war eine Last für ihn. Die Verkündigung des Evangeliums von Podium und Kanzel war seine Berufung, die Menschen hörten ihm gerne zu. Lebensnahe Predigten mit echten Kernbotschaften, die kamen an. Oft gabs noch einen Papierausdruck, den die Predigtbesucher mit nach Hause nehmen konnten.

Streitbar war er, wenn Menschen jeden Buchstaben in der Bibel für Gottes Wort hielten und sich bigott verhielten. Und dafür schätze ich ihn bis heute: Einfach nur glauben ... das ist zu wenig. Es darf und muss hinterfragt werden und die Auseinandersetzung gehört dazu.

Ja, und was ist nun das Erbe?

Er war:

Gläubiger
Fragender
Zweifelnder
Seelenhirte
Hoffender!
Betender
Sich Informierender
Lesender
Segnender
Erstgeborener (wie ich auch)
Humorist
Musikalischer
Künstler
Sammler
Zuhördender
Vater und Ehemann
Verkünder der Frohen Botschaft, Evangelist
Schreibender und Texter
Wortliebhaber
Geniesser
Liebender
Sensibler
Hellfühlender

Lehrer

Gesprächspartner

. . .

Ich habe vieles davon in mir und ich werde weiter hineinhorchen, was davon für mich zu leben ist. Erstmal: Danke, Papa!


Montag, 15. November 2021

Und wenn sie tanzt ...

Ich habe mich auch in sie verliebt, weil sie tanzt. Und wie sie tanzt ... 

Es lief griechische Musik (Rena Morfi) und ich staunte sie an. Die Musik war mir fremd, aber sie begeisterte mich. Mit ihren ganz eigenen Bewegungen und ohne Hemmungen tanzte diese Frau zu der Musik und es stimmte alles. Es war ansteckend und dann tanzte die Mehrheit der Gruppe auf der grossen Terrasse, bevor der Malkurs startete ...

Die Musik begleitet uns weiter. Wir tanzen ... Freestyle und aus vollem Herzen. Häufig läuft griechische Musik. Doch gerade habe ich mich in eine Band reingehört, griechisch-türkisch, die ich gerne teile:


Cafe Aman Istanbul

https://youtu.be/Y-CqlJtRVlE



Dienstag, 2. November 2021

Aller Seelen ...

Etwas düster in der Stimmung und Verfassung, und die Jahreszeit ist halt auch so. Andererseits mag ich ja gerade diese Zentrierung, die diese Zeit des Jahres mit sich bringt. Innerlichkeit und Konzentration, Rückzug aufs Wesentliche. Das Abgründige und Schwere, Erdige schwingt halt auch mit. Unter Menschen zu sein, strengt gerade besonders an. Vielleicht ist die irdische Schwere da für die nötige Bodenhaftung bei aller Innenschau? Ja, so mag es sein.

Die Selbstzweifel sind hochaktiv, wenn ich bei der Arbeit bin. Nun arbeite ich im Innenbereich der Gartenabteilung und kenne mich da schlecht aus. Das stresst. Die Kunden erwarten Auskünfte zu Rasenmähern und Laubbläsern und Co, die ich nicht geben kann. Trotzdem verstecke ich mich nicht vor ihnen ;) Ich stelle mich dem Ganzen, und muss halt auch viel meine Kolleginnen fragen, die auch unter Druck sind, wegen Personalmangel. Das fühlt sich nicht gut an und macht mich nervös. Als finanzielles Zubrot wasche ich Zuhause Betriebswäsche, was für mich stimmig ist und was ich nebenher machen kann, Bügeln muss ich nicht, das wäre nix für mich.

Der Todestag meines Bruders jährte sich zum 14. Mal am 23. Oktober. Omas Todestag fast zum gleichen Zeitpunkt, einfach 2 Jahre vor seinem. Wir (Bruder mit Tochter, Mutter und ich) trafen uns letztes Wochenende mit vier von seinen alten Kumpels, die ihm immer noch die Treue halten. 

Ich dankte einmal im gemeinsamen Gruppenchat dem Organisator des jährlichen Treffens für die Treue und es kam diese Antwort: "Ich glaube ich rede für alle, wenn ich sage, dass er ein Teil unseres Lebens ist und dies auch bleibt."

Das Treffen berührte mich tief, einmal mehr. Schade ist, dass dies ihn nicht im Leben halten konnte, so gute Freunde zu haben! 6 tolle und wahrhafte Freunde und es reichte nicht. Natürlich ist da auch immer noch Trauer, und manchmal bin ich in meinen Träumen auch die grosse Schwester, die mit dem kleinen Bruder schimpft, wegen dem Mist, den er verbockt hat. Ja, Trauer ist da und ein "schade". Vor allem weil mein Vater ja im Dezember 2018 auch noch gestorben ist. Ich ehre das Andenken der beiden. Und ich lebe mein eigenes Leben so gut und wahrhaft wie ich es vermag!

Meine eigenen Tiefen: Ich halte dagegen mit Gebet, Yoga, Gesprächen und dem, was ich sonst zustande bringe. Ich weiss, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dass dieser leicht ist, kann ich nicht sagen. Doch er ist lohnend, es ist meiner und ich werde begleitet, von Menschen und anderen Wesen. Auch einem Wesen mit vier Pfoten und weichem Fell ... unserem Kater, der die Weisheit und Sensibilität hat, mich zu erreichen.

Menschen gelangen mit gestalterischen Anliegen in letzter Zeit an mich, ich konnte einer Lernenden mit den Adobe Programmen helfen und ich spüre, dass ich da wieder Substanz am Knochen habe in der Gestaltung und Kunst --- und aus dem Vollen schöpfen kann. Die berufliche Pause war jetzt lang genug, der Hunger ist wieder da! 

Heute lege ich einen Gestaltungstag ein, da ich frei hab. Einen Blumentopf hab ich aufgehübscht und ein weiterer wartet noch drauf. Nebenher läuft die Betriebswäsche in der Maschine. Das kreative Tagebuch, wo ich reinmale und reinschreibe, liegt neben mir. Ich ringe mir ab und zu eine Seite ab. Und freue mich dann, wenn ich wieder durch das Buch blättere, es lohnt sich.

Zudem hab ich mal wieder Hand angelegt und mir selber einen 5mm Haarschnitt verpasst, es musste mal wieder sein. Danach auch immer der Griff zum Kajal um meine Augen zu betonen... den brauchts. So fühle ich mich als mich selbst. Bei aller Radikalität. Weich und hart zugleich, unvergleichlich mich selbst ... beständig in meiner Wandlungsfähigkeit.

Dienstag, 26. Oktober 2021

Ein Jahr ...

... lebe ich nun im Zürcher Oberland. Und ich will nicht mehr weg. Mein Leben komplett auf den Kopf zu stellen, war es wert. Voll und ganz. Es gab und gibt immer wieder Momente der Verzweiflung, aber das Glück überwiegt, immer mehr. Meinem Selbstwert haben diese grossen Schritte gut getan. Nach vie vor arbeite ich im Gartencenter des Baumarkts, bin fester Teil des Teams dort geworden. Stundenlohn, 3 Arbeitstage die Woche. Wirtschaftlich gesehen, bin ich sicher kein erfolgreicher Mensch. Doch das interessiert mich nicht. Es ist mir wichtiger, Zeit und Musse für meine Interessen zu haben. Der grosse Garten gehört dazu, mit Früchten, Gemüsen, Kräutern, Blumen und viel Natur. Und meine Weiterbildungen in Gebieten, die mich interessieren. Endlich reicht die Kraft dazu! Die Zufriedenheit, die sich immer wieder einstellt bei meinem selbstbestimmten Leben, gibt mir recht: Mein Nomadenherz ist glücklich, denn mein Alltag ist nie gleich!

Freitag, 21. Mai 2021

Die andere Seite der Angst

Es gibt Momente, in denen ich mich wie taub fühle, vor allem im Herzen, und zur gleichen Zeit rattert es innerlich. Wenn die Denkverbote sich zu Kanälen verengen und die Gedanken so immer schneller unterwegs sind, der Kopf rast und der Wahnsinn sich breit macht. Einen Schritt zurückzutreten, zu Tanzen, zu Schreiben, zu Schreien, zu Reden... oder im Garten zu wühlen. Manchmal geht das, manchmal klappt es eben nicht. Und ich bin jeweils froh, wenn diese verengten Momente vorbei sind.

Mir ist aufgefallen, welche Qualität(en) bei mir hinter der Angst zu finden sind: eine immense Power. In den engen Gedankengängen nimmt die Energie dann Fahrt auf wie ein Wildbach nach dem Regen. Unwiderstehlich reisst sie mich mit.  Gehemmte Lebenskraft die sich wieder freibricht!

Zuzulassen, dass mich diese Überflutung mit sich mitnimmt, ist bereits heilsam ... Das zu Enge muss wieder ins Fliessen kommen. Die Gedankengebäude die nicht zu halten sind, stürzen ein. Falsche Sicherheiten werden sichtbar. 

Die Scham wenn mich eine Gedankenblockade oder eine Panikattacke in Gegenwart anderer einholt, ist gross. Demütigt mich. Vielleicht gehts gerade darum: demütig sein. Mich als Mensch zeigen. Überlegensein aufgeben. Ins Sein kommen statt im Denken zu bleiben. Emotionen kommen und gehen lassen.

Werde es weiter erforschen ...

Donnerstag, 20. Mai 2021

Von Pflanzen und Menschen (1) Lektionen aus dem Gartencenter

Bei meiner Arbeit im Gartencenter lässt sich vieles gut beobachten. Die körperliche Arbeit, der Umgang mit den Pflanzen und der Kundenkontakt in Kombination bekommen mir. Meine Tage dort sind ausgefüllt und bereichern mich. Jeden Tag bin ich von Schönheit umgeben; all die Blumen, Kräuter und anderen Pflanzen zu bestaunen, da werde ich nicht müde ...

Die Schattenseiten sehe ich auch täglich: Der Plastikmüll von Verpackungen, die verblühten Blumen die weggeworfen werden weil sie niemand mehr kaufen wird, der Umgang mit der Natur im Allgemeinen. Ich komme ins Nachdenken. 

Saisonblumen/Sommerflor
Blumen werden für den Sommer gekauft, in grossen Mengen: Geranien, Dipladenia, Kapkörbchen und viele mehr. Wunderschöne und dankbare Blüher ohne grosse Ansprüche, aber eben nicht winterhart in unserem Klima. Diese Pflanzen werden dann Ende Sommer entsorgt. Bei den meisten Kunden läuft das wohl so. Da komme ich ins Schleudern ... Wenn ich eine Pflanze kaufe, dann möchte ich diese behalten. Mit Saisonblumen hab ich es daher eher nicht, ausser zB mit Hornveilchen, die setze ich Ende Sommer in Kisten oder Töpfe und sie blühen dann den Winter über bis Mai/Juni, danach kommen sie auf den Kompost.

Insekten/Artenvielfalt/Entfremdung von der Natur
Kundin: Ziehen diese Blumen Bienen an?
Ich (naiv): Ja, diese sind besonders insektenfreundlich. // (Das Bienen-Symbol klebt am Gestell).
Kundin: Nein, wir wollen das nicht. Wir wollen keine Blumen die Bienen anziehen, dieses Problem hatten wir schon.
Ich: ... (erstmal sprachlos) hm, wie wäre es mit Kräutern, etwas Grünem?
Kundin: Ach nein, wir möchten schon etwas, was schön blüht. Haben sie nichts?
Ich: Jede Blume zieht Insekten an. Ich kann Ihnen höchstens noch Plectranthus empfehlen. (In meinem Kopf schreit es, und ich ziehe mich zurück, eigentlich lasse ich Kunden nicht einfach stehen, aber hier kann ich nicht anders!)
. . .
Ich rede mit meiner Vorarbeiterin, sie grinst und meint, dass sowas immer wieder passiere. Ihr Beispiel: Kunden interessieren sich für einen Obstbaum und fragen: Zieht dieser Bienen an? Kollegin: Ja. Oder möchten Sie die Blüten am Baum mit dem Wattestäbchen selber bestäuben?

. . .

(das wars mal fürs Erste ... da kommt sicher noch mehr :)


Freitag, 5. März 2021

Mein Kloster in der Welt ...

Als Teenager hatte ich den Impuls, ins Kloster zu gehen. Wieviel davon war einfach Angst vor der Welt? Schutz vor Reizüberflutung. Stattdessen: Konzentration, Einfachheit, Ausrichtung. Auf jeden Fall war viel Sehnsucht dahinter, mich ganz Gott zu widmen. Um ins Kloster zu gehen hätte ich als evangelisch-reformierte erst katholisch werden müssen. Da mir aber die Errungenschaften der Reformation wichtig erscheinen, kam dies nicht in Frage. Mit dem Gehorchen hab ich es auch nicht, und dann das Zölibat ... naja. Da bin ich von dieser Welt! Das hätte ich beides auch als evangelische Diakonisse gehabt (das Pendant zur Nonne). Hm. 

Die Sehnsucht nach der Gotteserfahrung und Anbetung ist mir geblieben und diejenige nach einer spirituellen Gemeinschaft. Christlich aufgewachsen, mit pietistisch geprägten Grosseltern auf beiden Seiten, habe ich doch im christlichen Glauben nie richtigen Boden gefunden und habe dennoch hier meine Wurzeln. Jesus ist immer in meinem Leben gewesen. Als Vorbild, als Wegbereiter, als Mittler, als Menschenbruder, als Prophet. Aber nicht als Gott zu dem ich bete. 

Was ich von meinem christlichen Aufwachsen mitgenommen habe, ist das Beispiel tief empfundenen Glaubens und Vertrauens, was mich tief berührt hat. Tätig gelebte Nächstenliebe und Menschen die sich gegenseitig weiterhelfen. Der zehnte Teil des Einkommens wird für gute Zwecke und die Mission gespendet. Mit in meinem Gepäck sind von daher die Liebe zu Kirchenmusik und Choräle die ich heute noch singen kann.

Wo ich mich als Kind und aufwachsende Jugendliche völlig wiederfand, war die Spiritualität der amerikanischen Ureinwohner. Ich las alles was ich fand und ich fand einen Namen für Gott: Das Grosse Geheimnis. Und dies bleibt es auch. Gross und geheimnisvoll. Von einem Geheimnis gibt es kein abschliessendes Bild und kein Bild zur Anbetung. Du sollst dir kein Bildnis machen .... für mich hat dieses Gebot einen tiefen Sinn.

Ganz intensiv habe ich mich dann in meinem 20ern nochmals mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt. Die Not, dort keinen Anschluss zu finden, war gross. Mit meinem Hinterfragen und Forschen stiess ich auf Ablehnung. Es soll geglaubt werden. Basta. Die lebendige Gemeinschaft der evangelistischen Gemeinschaften fehlt mir. Doch ich war ein Fremdkörper dort. Mein Wissensdurst und meine frei fliessende Spiritualität fanden dort keine Heimat. Was ich aus diesen Tagen mitgenommen habe, ist die Liebe zu christlichen Lobpreisliedern. Ich singe sie fast jeden Tag. Diese Gnade ... dieser Jubel erhebt meine Seele!

Wo ich ebenfalls Resonanz fand, waren die Worte und Wortbilder der christlichen Mystikerin Pia Gyger. Das Buch* habe ich leider nicht mehr. Ich erinnere mich an Namen für das Grosse Geheimnis, die zu mir sprachen, eines davon: bildloses Urbild ...

Weiter ging es mit dem völligen Eintauchen in esoterische Themen und eigene spirituelle Erfahrungen. Mitte Zwanzig dann etwas Heimat in einer europäischen hinduistisch-esoterisch-spirituellen Gruppierung gefunden über die ich heute auf Sekteninfoseiten Warnungen lese. Sie werden beim Abhängigkeitsfaktor mit Scientology verglichen wird ... . Yes. Genau deswegen hab ich dort wieder Segel gesetzt. 

Zu eng, zu absolut, zu krude. Du sollst einfach glauben (einmal mehr!) und deinem Meister gehorchen (und dein Geld geben). Ich hatte den Eindruck in einer Firma mit einer Lizenz zum Gelddrucken zu sein. Nicht meine Welt. 

Etwas von dem was ich mitnahm, waren die Mantras/Kirtansingen .. sie begleiten mich ebenfalls täglich.

So habe ich auf eine Art mein Kloster in der Welt doch noch gefunden ...


Maria – Tochter der Erde, Königin des Alls: Vision der neuen Schöpfung; Kösel, München 2002, ISBN 3-466-36604-6.


Dienstag, 2. März 2021

Etiketten?! Ne, danke. Mein Leben hat viele Farben.

Was mich nebenher privat noch beschäftigt, sind meine widersprüchlichen Emotionen, denen ich gerade auf den Grund gehe. Voll unter Dampf zu stehen, schleisst mich auch recht und wirbelt Altes hoch. Ich spüre viel mehr Power als in den letzten Jahren, da ich mich weniger selber blockiere und mein Coming Out als Mensch andauert. Ich hab mich soweit weg versteckt gehalten, mich zurückgehalten, mein Licht gedimmt. Es ist ein langes und intensives Rauskommen. Ich staune. 

Andererseits: wohin mit der nun freiwerdenden Kraft? Wofür verwende ich sie? Und da komm ich ins Stolpern. Allzuoft spült es alte Angst und Tabus hoch und manchmal spür ich auch, dass ich meine Gefühle blockiere und taub werde. 

Ich darf nicht ...

Stark sein, meine Persönlichkeit zeigen, anders sein, grüblerisch sein, kompliziert sein, widersprüchlich sein, empfindlich sein, genau sein, impulsiv sein, sensibel sein, Ideen haben, anderer Meinung sein, mich von der Masse abheben .... usw.

Ich hab überlebt, bin da. Ich lebe mein Leben in vollen Zügen und ein Zurück geht nicht mehr. Ich bin da. Ich bin sichtbar. 

Da kleben noch so viele Etiketten an mir! Soviel Energie geht noch in diesem Ballast verloren und der Mut sinkt wieder.

Und wenn ich mich mit LGBT+ Themen beschäftige, regnet es neue Labels. Als was labele ich mich denn nun?! Ich merke, dass ich dazu gar keine Lust habe. Rauskommen um dann wieder in einer Schublade zu verschwinden? Ne, soweit gekommen, das tue ich mir nicht an. 

Ich bin Anne. Basta. Und ihr findet mich irgendwo unter dem Regenbogen. Das Leben ist bunt...



Tag 148 (Doppelbuchung, zweiter Job)

Die letzten Tage stand ich ziemlich unter Strom. Nervös weil plötzlich noch ein zweiter Job in Aussicht stand und ich noch ein Gespräch am Telefon dazu vor mir hatte. Dieses hab ich nun erfolgreich hinter mir, und eine zweite Stelle neben dem Gartencenterjob! Wow. 50% Bürojob im Homeoffice und 40% Gartencenter. Somit bin ich ab diesem Monat doppelt gebucht und zu 90% ausgelastet. ... Das muss ich erst noch fassen. Beides organisatorisch und kräftemässig nebeneinander zu jonglieren, wird lustig. Aber ich finds spannend, dies mal 3 Monate auszuprobieren. ... Und ich freue mich sehr, bei aller Nervosität. Probezeit gibts ja bei beiden Stellen. Und ich bin hungrig nach mehr und ausgeruht.


Donnerstag, 25. Februar 2021

Mir wichtige Bücher (Gulag und totalitäre Systeme, Naziterror und Kommunismus)

Zwei kürzlich gelesene Bücher hallen noch in mir nach. Von Annelise Fleck lass ich "Workuta überlebt - eine Frau in Stalins Straflager" und von Margarete Buber-Neumann "Als Gefangene bei Stalin und Hitler". Das erste Buch hat mich eigentlich zum Lesen des zweiten geführt, weil mich der Sog des Themas nicht mehr losliess. 

An Details aus dem ersten erinnere ich mich vage, werde es sicher noch mal lesen. Was mir von beiden geblieben ist: die Kraft des Überlebenwollens, Menschlichkeit und menschlich bleiben angesichts von unmenschlichen Zuständen. 

Und beide haben die Lager überlebt. Es gab ein danach für sie. Bei Annelise Fleck wird am Ende des Buches auch klar, dass Schäden zurückgeblieben sind. Körperliche und seelische. 

Bei Margarete Buber Neumann fasziniert mich, wie klar und detailliert sie alles rückblickend schildern konnte. Sie hat das Buch später im Exil in Schweden geschrieben und es liest sich, als würde sie alles live schildern. Die Schrecken der Stalinherrschaft sowie dann den Naziterror im Frauenlager Ravensbrück. 

Zwei Systeme, die gleiche Menschenverachtung. Einmal in Rot und einmal in Braun. Einmal rechter und einmal linker Terror. Buber Neumann musste sich auch nach dem Krieg weiterhin den Anfeindungen der strenggläubigen Kommunisten stellen, die ihre Erfahrungen in Russland unter Stalin anzweifelten. Ihre mahnende Stimme hat sie deswegen nicht verstummen lassen. Sie ist Mahnerin geblieben.

Wie der Kommunismus sich von einer revolutionären sozialen Utopie zu einer menschenvernichtenden Maschine veränderte ... man liest es anhand zweier Lebensberichte aus der Gefangenschaft. Das Streben nach dem "besseren Menschen" bei den Nazis, menschlicher Grössenwahn ...

Die Willkürlichkeit, mit der sich beide Frauen plötzlich als Gefangene eines irrsinnigen Systems wiederfanden, ist erschreckend. Beide Autorinnen beschreiben, wie es auch in diesen grausamen Sklaven-Lagern menschliche Wärme und Fürsorge gab. Wie wichtig die wenige Literatur, die erinnerten Gedichte und die Poesie waren. Kleine Gesten unter Schicksalsgenossinen, tiefe Freundschaften, eine aufgesparte Essensration oder getrocknetes Brot als Geschenk. 

Wie überlebenswichtig der wunderschöne Polarhimmel am Morgen und eine kleine Frühlingsblume im Gras .. unter diesen extremen Zuständen Schönheit zu finden, was für ein Glück. Demgegenüber Verrat unter Mitgefangenen, schwere Arbeit, nagender Hunger und nackter Kampf ums Überleben und stete Ungewissheit über das eigene weitere Schicksal. 

Ich empfehle beide Bücher zur Lektüre. Harte Kost. Aber wichtig. Gegen das Vergessen, für eine lebendige Demokratie.

Annelise Fleck
Workuta überlebt - eine Frau in Stalins Straflager
Bechtermünz

Margarete Buber-Neumann
Als Gefangene bei Stalin und Hitler
dtv dokumente

Tag 143 (Buy a ticket, if you wanna win the lottery)

Ja, um in der Lotterie mitzumachen und den Jackpot zu gewinnen, braucht es mindestens ein Ticket! Und ich hab gleich mehrere gekauft. Im übertragenen Sinne. Die letzten Monate war ich fleissig und hab genetztwerkt, mich auf einige Stellen beworben, mit mir selber gerungen, hab an mir gearbeitet, bin gewachsen und so viel mehr. 

Heute Nachmittag hab ich noch ein Job-Interview am Telefon, First-Level-Support für ein Portal. Da ich nur digitalen Kontakt zu den Kunden haben werde, kann ich mir das vorstellen. Zudem kann ich von Zuhause aus Arbeiten. Ein weiteres Plus. Arbeit bei einer Telefon-Hotline wäre gar nicht meins, das ist keine Stärke, aber schriftlichen Support, das kann ich und hab ich auch schon beruflich gemacht.

Es ist vieles entstanden in den letzten Monaten. Gute neue Kontakte, ich werde geschätzt. Auch eine eigene kleine persönliche Website mit Jimdo hab ich aufgebaut. Wen es interessiert, dem schick ich gerne eine Mail mit dem Link, wenn ihr mir eure Email-Adresse bei den Kommentaren angebt. Ich werd meine Blogger-Persönlichkeit nicht derart mit meinem Real-Life verknüpfen, dass ich hier den Link poste, weil ich das Drauflosschreiben hier einfach mag und brauche. 

So weit, mich in diesem Blog 1 zu 1 "nackich" zu machen, mit Adresse und allem ... mag ich nicht gehen. Genauso hab ich auch noch keinen Blog auf meiner Website eingerichtet. Meine Schreiberinnenpersönlichkeit ist manchmal verletzbar, auf jeden Fall sehr "ich". Vielleicht kommts noch ... Etwas widersprüchlich, mag das sein, aber so bin ich. Mit Bloggen hab ich 2003 angefangen ... und seither hab ich nie mehr ganz aufgehört. Es war immer eine Art Tagebuch und ist das es noch. Und dafür brauche ich es auch. Das mit der Aussen-Anne in Verbindung zu bringen, ist eine Brücke, die erst als Idee da ist .. das wächst noch!

Achja, und das mit den Tickets: abwarten und Tee trinken wenn man einige Tickets für sich laufen hat, ist wichtig ... sonst wirds nur Stress und ungesund. Das war an eine Notiz an mich selbst .. ;)

Dienstag, 16. Februar 2021

Tag 134 (Vom Jubel, Durchhängen und Erholen)

Seit Samstag weiss ich, dass ich eine Stelle habe. Ist zwar auf 3 Monate befristet und 40% Pensum, aber ich konnte bereits Probearbeiten und es passte. Es ist eine Arbeit als saisonale Aushilfe in der Gartenabteilung in einem Baumarkt hier in der Region. Mit einem sehr sympathischen Team. Ich freu mich auf den Start dort im März!

Jetzt merk ich gerade, wie ich durchhänge nach dem Durchpowern in den der letzten Tagen. Substanz wieder aufbauen! Und mal wieder mehr meine introvertierte Seite zum Zug kommen lassen ...

Montag, 25. Januar 2021

Tag 112 (Gutes, Ideen und aktives Netzwerken)

Nun bin ich unterwegs mit der regionalen Arbeitsvermittlung und habe einen guten Berater erwischt. Das erste Telefonat war letzten Freitag. Zwar habe ich mich auf zu wenige Stellen bisher beworben (relevant für die Höhe der Auszahlung des Arbeitslosengeldes), aber bis Monatsende schaff ich das noch. 

Einerseits suche ich im Bereich Betreuung (Behinderte, Betagte) als Quereinsteigerin und andererseits in meinem angestammten Gebiet (Marketing, Gestaltung). Dazwischen streue ich noch Bewerbungen als Verkaufsberaterin in Gartencentern ... da ich mich dort auch heimisch fühlen könnte. So bin ich breit aufgestellt und neugierig. Bis jetzt hat sich noch kein Vorstellungsgespräch ergeben. 

Für mich ist klar, dass ich weiterhin Teilzeit arbeiten werde. Ich will mich weiterbilden können. Und mit einem 80% Pensum in einem hektischen Beruf hatte ich fast keine Energie mehr dafür. Das soll sich ändern. Ich bin mit Anfangs 40 noch fähig und gut dran, mich neu zu orientieren und das fühlt sich gut und richtig an. Stimmt für mich. Auch die damit einhergehenden finanziellen Einschränkungen nehme ich in Kauf. Einen Teil meiner Einnahmen werde ich mir künftig als Selbstständige erwirtschaften, dies ist mein Plan.

Nebenher bin ich noch aktiv mit der Mitarbeit bei den Landfrauen in der Region. Neue Slogans zu entwicklen war mein Einstand. Bei den Landfrauen bin ich im Herbst eingetreten. Ich kenn die Landfrauen-Organisation von meiner Tante in Deutschland her, da war ich schon ein paarmal dabei und es hat mir gefallen. Und da ich ein Bastelfuchs bin, mich für Garten und Landwirtschaft interessiere, bin ich nun auch dabei. Eigentlich ist die Schreinerin "schuld", die die neue Küche hier zusammen mit ihrem Mann geschreinert hat. Eine tolle kreative Frau und auch eine Landfrau, so kam ich dazu ... Im Juni werde ich den ersten eigenen Kurs geben: ein Mobile aus Strandgut basteln.

So habe ich ein buntes Paket geschnürt und positiv eingestellt, dass sich für mich was Gutes ergibt. Ich fühle mich dankbar dafür, wie sich mein Weg entwickelt!



Montag, 18. Januar 2021

Corona 2021, zusammengetragene Gedanken

Bislang hab ich es vermieden, einen Corona-Post zu schreiben. Es ist mir einfach zu komplex und ich hab "nur" eigene subjektive Ansichten. Aber ich mach mir Gedanken und die möchte ich doch mal festhalten. Weil ich wenig geistigen Austausch (mit mehreren Menschen) in meinem Alltag habe, mache ich es nun in meinem Blog.

Es sind verschiedene Gedanken, die mir durch den Kopf gehen. Lösung hab ich keine. Ausser: selber Denken, selber Handeln, Selbstverantwortlichkeit und Solidarität (wobei dies ganz verschieden aussehen kann).

Die Stimmungen und Tendenzen sind teilweise extrem, wenn es ums Thema Corona geht. Auch in meiner Familie gehen die Meinungen auseinander. Ich mache bei dieser Spalterei nicht mit und verweigere mich den Extremen. Eine Impfung ziehe ich in Betracht, warte aber noch eine Weile, möchte mich erst noch besser informieren. Zudem hab ich am neuen Ort noch keine Arztperson.

Staatliche Corona-Massnahmen: An eine Verschwörung aka Diktatur glaub ich nicht, an Dummheit und die Wirkung von Propaganda und Angstmache aber schon. Und eine Hilflosigkeit erkenn ich auch, angesichts der Lage probiert man halt Wege zu finden. Ich bin froh, dass nicht ich die Massnahmenpakete schnüren muss.

Dass es für uns neue Herausforderungen gibt: Ja. 

Dass es eine Ausnahmesituation ist: Ja. 

Doch Pandemien gabs auch immer schon

Und mit den Pandemien musste auch immer ein Sündenbock her, das ist klassisch. Häufig genug waren es in unseren Breitengraden die Juden: Volksverhetzung ist mit Corona nun auch wieder im Trend und das Vertiefen der schon vorhandenen Gräben leider in vielen Lagern verbreitet. Jemand muss Schuld tragen. Nationale und rassistische Denke gewinnt an Fahrt. 

Ich finde es arg, wie es durch die Massnahmen wirtschaftlich einen Kahlschlag gibt, vorallem bei den kleinen Geschäften. Mir scheint es auch nicht fair, dass online (bei den Grossen) eigentlich alles erhältlich ist und Ladengeschäfte dermassen eingeschränkt wirtschaften müssen. Ausser sie sind findig und kreativ und erschliessen sich neue Wege. Mir geht es nicht in den Kopf, dass die Wirtschaft sonst wie wild hofiert und lobbyiert wird und nun gibt es diese krassen Einschränkungen und wenig Antworten. 

Wir haben allgemein die Distanzen verkürzt und die lokale Wirtschaft vernachlässigt. Waren und Menschen reisen um den ganzen Globus, wir können die Globalisierung nicht mehr rückgängig machen! Auch die Krankheiten werden schneller ... Dass die menschlichen Grundrechte erst gelten sollen, sobald jemand geimpft ist, geht mir persönlich gegen den Strich. Wir können uns alle impfen lassen. Klar, und was machen wir beim nächsten Virus? Wieder Impfmarathon und wieder Lockdown? 

Verletzliche Personen sind zusammengefasst an einem einzelnen Ort; in Heimen. Diesen Gedanken habe ich bei Luisa Francia gelesen und es stimmt. Dass hier der Tod um sich greift, liegt nahe. Vielleicht sind wir damit einfach auf dem Holzweg? 

Ich erlebe einige Menschen im Rentenalter, die nun vereinsamen, da jegliche Aktivitäten eingeschränkt sind oder sie sich nicht mehr trauen, unterwegs zu sein.

Die Vereinzelung von Menschen wird nun als der Weg gesehen, wie wir solche Krankheiten in den Griff kriegen.

Und wie lösen wir ganz allgemein die Themen Alter und Krankheit, Handicaps? Wir fassen Betroffene zusammen, weil wir die Aufgabe der Betreuung und Pflege nicht in unseren Alltag integrieren können. Teilhabe an der normalen Gesellschaft gilt nicht für alle. Das ist ein Fakt. Und verwaltete Menschen sind einfacher zu händeln.

Vereinzelung durch die Massnahmen. Gerade bei kleinen Kindern und Schülern: Wo soll das hinführen? Wenn der Austausch mit anderen fehlt, kann das Immunsystem auch nichts lernen und "updaten". Und es gibt wirklich Familien, die ihre Kinder wegen Corona einsperren und ihnen den Kontakt zu anderen Kindern verbieten. Oder dass es keinen Ausweg aus der häuslichen Gewalt mehr gibt. Doch. Das sind die Extreme. 

Meine Freundin erzählte mir, dass sie zu Beginn der Pandemie Radionachrichten hörte. Im ersten Beitrag ging es um die Überalterung der Gesellschaft. Im zweiten Beitrag gings um den Ausbruch des neuen Corona-Virus, der vorallem für ältere Menschen sehr gefährlich ist. Sie fand diese Reihung der Beiträge surreal. Muss man es "beschreien", dass wir eine Lösung des Themas Überalterung brauchen? Klar, das ist magisches Denken. Aber die Welt der Vorstellung, der Energien, des Denkens und Rufens .. die existiert für mich. Da bin ich unwissenschaftlich.

Wir kommen nicht drum rum, das Leben hat einen tödlichen Ausgang. Der Tod und Krankheiten können einem immer ereilen oder auch die Angehörigen. Und es ist gut, wenn man sich in gesunden Zeiten schon damit auseinandersetzt. Sich über die "letzten Dinge" mit den eigenen Liebsten zu unterhalten, sollte kein Tabu sein. 

Dass die Medizin mit ihren Denk- und Handlungsmustern an Grenzen stösst, scheint mir schon lange eine Tatsache. Auch ethische Grenzen. Aber das hat auch mit unserem Verständnis von Medizin zu tun. Der Arzt machts, weiss es. Gesundheit auf Garantieschein, ans medizinische Personal delegiert und an Experten. Es hat nichts mit mir zu tun. 

Wie weit darf ich denn selber über meinen Körper und die "Massnahmen" bestimmen? Wie ich jetzt innert Kürze zweifach von anderen erfahren habe, können dann Ärzte zu fünft am Bett stehen und eine Unterschrift unter einer Verzichtserklärung insistieren. Es betraf nicht Corona (einmal Krebsverdacht, einmal Riskoschwangerschaft), doch in diese Richtung sind wir unterwegs. Wird Eigenverantwortung eines informierten Patienten geschätzt oder ist sie nur ein Störfaktor im System? 

So habe ich vernommen, dass in Spanien Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, in Listen erfasst werden. Das wäre dann schon in erster Schritt in Richtung Diktatur. Ich glaube nicht, dass die Lösung daraus besteht, Andersdenkende in Listen zu erfassen. 

Menschen die Zwischentöne kennen, lese ich gerne. Ansonsten verweigere ich den Medienkonsum grosszügig, da ich den Füllfunk nicht mehr ertrage und die reisserischen Schlagzeilen. Zu meinem eigenen Besten, bleibe ich da weg.

In Luisa Francias Internet-Tagebuch lese ich gerne. Ebenso die Sonntagskolumne von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung, diese habe ich als Newsletter abonniert. Hier der für mich hilfreiche Artikel: Muss man sich die Grundrechte durch Impfen verdienen? Er hat dem verbreiteten Wunsch: "Bleiben Sie gesund!" den Wunsch "Bleiben Sie demokratisch!" hinzugefügt. Und darum gehts doch:

Wie gehen wir als Gesellschaft gemeinsam weiter ohne in eine totalitäre oder komplett individualistische Welt abzurutschen?




Donnerstag, 14. Januar 2021

Tag 101 (Dem eigenen Weg trauen)

Die ausgetretenen Pfade in der Arbeitswelt tragen in der heutigen Zeit oft nicht einmal mehr jene, die sich darauf verlassen haben, dass es immer geradeaus geht wenn mans nur richtig macht und genug arbeitet. Momentan ist so vieles unsicher und vage.

Dass es auf meinem eigenen Weg viele Möglichkeiten gibt und dass ich aus dem Vollen schöpfen kann, wird mir neu bewusst. Ich kann ernten. Durch eine Weiterbildung im letzten Herbst hab ich eine Vorstellung davon, wieviel ich an Talenten und Erfahrungen habe und es einfach darauf ankommt, ob ich auch etwas wage und mir selber etwas zutraue. 

In einer kleinen Gruppe habe ich mir in diesem Kurs zu meinen Ressourcen eine Übersicht verschafft und diese Panoramasicht auf mein Leben zu bekommen, davon zehre ich gerade in der Rückschau auf diesen Kurs. 

So richtig kommt das dort Erarbeitete nämlich erst jetzt zum Tragen. Bei jedem Motivationsschreiben für eine Stelle kann ich darauf zurückgreifen: Weil ich vor Augen habe, was ich schon alles erlebt und geschafft habe, Erfahrungen sind da und sie sind vielfältig.

Es gab auch kritische Stimmen, als ich den alten Job und den alten Wohnort hinter mir liess. Selber kam ich die letzten Monate immer wieder ins Zweifeln, ob ich noch auf Kurs bin. Doch ich hatte einen Punkt erreicht, an dem es auf dem alten Weg einfach nicht mehr weiterging.

Ich brauche keinen ausgefeilten Plan, mich voran zu tasten ist auch in Ordnung. Schritt für Schritt. Solange ich selbstverantwortlich handle und mit Freude bei der Sache bin, bin ich auf guten Wegen unterwegs. Das ist genug.

In meinem Kopf wirbeln gerade so viele neue mutmachende Impulse, dass es mich vorantreibt. 

Ich will dieses neue Leben. Immer mehr. Die alten Schaltkreise der Angst in meinem Hirn, die kenne ich gut genug. Da muss ich nicht mehr genau hinhören. Das Neue interessiert mich mehr. 



Tag 100 (Sowohl als auch; Kompromisse eingehen)

Am hundertste Tag meiner beruflichen Neuorientierung fand das Erstgespräch mit der Regionalen Arbeitsvermittlung statt, aus Corona-Gründen halt nur telefonisch. Ich hab mich dazu entschieden, den Weg mit Unterstützung zu gehen. Die Struktur fehlt mir momentan und die Finanzen sind bald aufgebraucht. Das hiess erstmal, 2 Stunden Unterlagen zusammenstellen und einscannen. Solche offiziellen Sachen stressen mich immer recht, das kenn ich. Doch ich hab alles korrekt zusammengestellt und es fühlt sich richtig an. Ich bin trotz allem auf _meinem_ Weg, das spüre ich. 

Am Dienstag hatte ich ein erstes Vorstellungsgespräch für eine Praktikumsstelle als Kunsttherapeutin. Schon während des Gesprächs erhielt ich die Zusage und gab auch die meine. Es wäre einmal die Woche, ein Tagestreff für Menschen mit Demenz, geleitet von einer Kunsttherapeutin. Die aktuelle Corona-Lage bedeutet wahrscheinlich, dass die Treffen vorerst nicht stattfinden. Naja .. es war ein positiver Auftakt und eine erste Chance, mich vorzustellen!

Es geht voran und ich bewerbe mich auf alles, was ich mir für mich vorstellen kann ... 

Donnerstag, 7. Januar 2021

Tag 94 (In Bewegung kommen)

Vor 11 Tagen habe ich mir eine Abnehm- und Bewegungsapp runtergeladen. Zu steif bin ich geworden, mental und körperlich. Das Aus-dem-Hausgehen ist eine Herausforderung. Bin zum Stubenhocker geworden seit die Arbeit im Garten wegfällt. Nun, die Trainings haben mich wirklich in Bewegung gebracht, und auch mein Inneres in Aufruhr. Das ist schon spannend. Gestocktes in Bewegung zu bringen, ist nicht nur ein körperlicher Prozess. Die Emotionen gehen mit. Ich würde sagen, dass es sich lohnt. Die Psyche ist noch etwas hinterher und oft verzagt, aber dem Körper gehts schon wieder besser. Weniger Verspannungen im Rücken.  Straffer und mit einem besseren körperlichen Gleichgewicht gehe ich durch meine Tage, die regelmässige Erinnerung der App hilft mir, dranzubleiben. Es ist ein Weg. Das Rausgehen wird auch wieder klappen, wenn ich dranbleibe!

Tag 94 (Hoch, Runter, Hoch --- ein Pilgerweg )

Schwermut begleitete mich jetzt über mehrere Wochen. Die sagenhaften Raunächte waren sehr rau diesmal. Ich war an einem Tiefpunkt angekommen: Bin ich wirklich noch auf dem richtigen Weg oder täusche ich mich einfach nur selber? Alles erschien mir erdenschwer und es lief einfach nichts mehr rund, ausser dem schwarzen Kopfkino. Jeder Tag eine mentale Berg- und Tal-Tour.

Die Famillienweihnacht fiel wegen Corona aus, weil zwei Familienmitglieder erkrankt sind. Das hat mich niedergedrückt. Das jährliche Zusammensein ist trotz allen Mentalitätsunterschieden in unserer Familie ein wichtiger Punkt in meinem Jahreskreis. Die beiden sind nun wieder genesen und wohlauf, trotzdem hat mich die Sorge um die beiden bewegt. 

Rumoren der Emotionen und die Sorge um mich selber und meinen beruflichen Weg, eintrudelnde unerwartete Rechnungen und die damit schwindenden Finanzen ... das war auch noch Teil des Kopfkinos. Ich laufe finanziell auf den Reserven und komme ins Grübeln, ob ich mich nun doch arbeitslos melden soll, damit ich wenigstens zu einem Teil finanziell unterstützt werde und eine Struktur. Mein Selbstwert ist manchmal wie ein Blatt im Wind. Ich ringe darum.

Der Widerwille, mich bei Anmeldung auf der regionalen Arbeitsvermittlung auf jeden verfügbaren Job (möglichst gut bezahlt) bewerben zu müssen, ist stark. Ich wollte diesen Weg der beruflichen Neuorientierung selber gehen und nun geht mir die Puste aus. Weder wollte ich eine Bevormundung noch zu enge Leitplanken haben. Ein Zurückgehen auf meinen angestammten Beruf, das sehe ich für mich momentan nicht. Zu stressig. Ein Arbeitsleben nur am Schreibtisch und mit Deadlines zu verbringen ist mir zu einschränkend ... Ich weiss, dass ich der Gestaltung treu bliebe. Halt auf meine Art.

Der Mut ist da, mein Weg war schon immer jenseits der Norm -- und wird es bleiben. Das fühlt sich sehr gut an. Gerade in diesen ver-rückten Zeiten fühle ich, dass ich einen Leitstern habe. Das gibt mir Sicherheit. Es ist etwas, das von ganz innen kommt, mag das Aussen auch noch so seltsam erscheinen. Stern auf den ich schaue ..