Freitag, 5. März 2021

Mein Kloster in der Welt ...

Als Teenager hatte ich den Impuls, ins Kloster zu gehen. Wieviel davon war einfach Angst vor der Welt? Schutz vor Reizüberflutung. Stattdessen: Konzentration, Einfachheit, Ausrichtung. Auf jeden Fall war viel Sehnsucht dahinter, mich ganz Gott zu widmen. Um ins Kloster zu gehen hätte ich als evangelisch-reformierte erst katholisch werden müssen. Da mir aber die Errungenschaften der Reformation wichtig erscheinen, kam dies nicht in Frage. Mit dem Gehorchen hab ich es auch nicht, und dann das Zölibat ... naja. Da bin ich von dieser Welt! Das hätte ich beides auch als evangelische Diakonisse gehabt (das Pendant zur Nonne). Hm. 

Die Sehnsucht nach der Gotteserfahrung und Anbetung ist mir geblieben und diejenige nach einer spirituellen Gemeinschaft. Christlich aufgewachsen, mit pietistisch geprägten Grosseltern auf beiden Seiten, habe ich doch im christlichen Glauben nie richtigen Boden gefunden und habe dennoch hier meine Wurzeln. Jesus ist immer in meinem Leben gewesen. Als Vorbild, als Wegbereiter, als Mittler, als Menschenbruder, als Prophet. Aber nicht als Gott zu dem ich bete. 

Was ich von meinem christlichen Aufwachsen mitgenommen habe, ist das Beispiel tief empfundenen Glaubens und Vertrauens, was mich tief berührt hat. Tätig gelebte Nächstenliebe und Menschen die sich gegenseitig weiterhelfen. Der zehnte Teil des Einkommens wird für gute Zwecke und die Mission gespendet. Mit in meinem Gepäck sind von daher die Liebe zu Kirchenmusik und Choräle die ich heute noch singen kann.

Wo ich mich als Kind und aufwachsende Jugendliche völlig wiederfand, war die Spiritualität der amerikanischen Ureinwohner. Ich las alles was ich fand und ich fand einen Namen für Gott: Das Grosse Geheimnis. Und dies bleibt es auch. Gross und geheimnisvoll. Von einem Geheimnis gibt es kein abschliessendes Bild und kein Bild zur Anbetung. Du sollst dir kein Bildnis machen .... für mich hat dieses Gebot einen tiefen Sinn.

Ganz intensiv habe ich mich dann in meinem 20ern nochmals mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt. Die Not, dort keinen Anschluss zu finden, war gross. Mit meinem Hinterfragen und Forschen stiess ich auf Ablehnung. Es soll geglaubt werden. Basta. Die lebendige Gemeinschaft der evangelistischen Gemeinschaften fehlt mir. Doch ich war ein Fremdkörper dort. Mein Wissensdurst und meine frei fliessende Spiritualität fanden dort keine Heimat. Was ich aus diesen Tagen mitgenommen habe, ist die Liebe zu christlichen Lobpreisliedern. Ich singe sie fast jeden Tag. Diese Gnade ... dieser Jubel erhebt meine Seele!

Wo ich ebenfalls Resonanz fand, waren die Worte und Wortbilder der christlichen Mystikerin Pia Gyger. Das Buch* habe ich leider nicht mehr. Ich erinnere mich an Namen für das Grosse Geheimnis, die zu mir sprachen, eines davon: bildloses Urbild ...

Weiter ging es mit dem völligen Eintauchen in esoterische Themen und eigene spirituelle Erfahrungen. Mitte Zwanzig dann etwas Heimat in einer europäischen hinduistisch-esoterisch-spirituellen Gruppierung gefunden über die ich heute auf Sekteninfoseiten Warnungen lese. Sie werden beim Abhängigkeitsfaktor mit Scientology verglichen wird ... . Yes. Genau deswegen hab ich dort wieder Segel gesetzt. 

Zu eng, zu absolut, zu krude. Du sollst einfach glauben (einmal mehr!) und deinem Meister gehorchen (und dein Geld geben). Ich hatte den Eindruck in einer Firma mit einer Lizenz zum Gelddrucken zu sein. Nicht meine Welt. 

Etwas von dem was ich mitnahm, waren die Mantras/Kirtansingen .. sie begleiten mich ebenfalls täglich.

So habe ich auf eine Art mein Kloster in der Welt doch noch gefunden ...


Maria – Tochter der Erde, Königin des Alls: Vision der neuen Schöpfung; Kösel, München 2002, ISBN 3-466-36604-6.


2 Kommentare:

  1. Danke für diesen Einblick in die Lebensreise. Nach dem zweiten Weltkrieg sind evangelische Klöster entstanden - auch in Deutschland (meist "Kommunität" genannt) z.B. Casteller Ring, Imshausen etc. Auf dem Boden der reformierten Kirche die Communaute de Grandchamp in der Schweiz oder in der Provence die Communaute de Pomeyrol, die beide nach der Regel von Taize leben.

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    1. Ja .. es gibt die Kommunitäten. Über die eure hab ich nachgelesen und ich war beeindruckt. Für mich schliesse ich es momentan noch aus. In einer Gemeinschaft zu leben, das werde ich sicher noch ausprobieren, aber nicht im Zölibat. Und das mit dem. Christentum ... oder Religion an und für sich, da ringe ich. Momentan ist noch anderes angesagt!

      Danke für den Kommentar... :)

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