Dienstag, 16. November 2021

Das Erbe antreten (Vater)

Es ist glaube ich wirklich die richtige Jahreszeit, sich mit den Ahnen auseinander -- und in Verbindung zu setzen. Mir kam wieder in den Sinn, dass in einem der Tiefs in diesem Jahr (Melancholie und grosse Schwere), ich mich gefragt hab, was das soll. Diese Mühsal! Ich hatte genug davon.

Mir kam auch mein Vater in den Sinn, der Zeit seines Lebens immer wieder unter Depressionen und Schwermut litt. Ebenfalls der Vater meiner Mutter, also mein Opa. Das grüblerische Zurückgezogensein liegt halt schon auch irgendwo in meinem Blut. Was mache ich daraus? Als Impuls kam: Tritt das Erbe deines Vaters an. Das kam bestimmt und direkt. Hm, welches Erbe? Was genau, was lebte er denn?

Er hat sich Mitte dreissig nochmals für einen neuen Weg entschieden, in dem er eine geistliche Laufbahn einschlug. Nach seinen Jahren als Bürokaufmann wählte er den Weg seiner Berufung. Fürs akademische Studium (Pfarrer werden) war sein Kampf mit den alten Sprachen eine zu grosse Hürde. Daher entschied er sich, eine Schule zu besuchen, die Diakone und Prediger ausbildet. Das war eine grosse Lebenswende für ihn. Und diesen Weg verfolgte er. 

Ich hatte einen Vater, der viel zu Hause war, weil sein Home auch sein Office war. Ich bekam mit, wenn Menschen mit ihren Sorgen zu ihm kamen und wie er sich abmühte, bis Samstags seine Predigten vollendet waren. Als Perfektionist tat er sich da nicht leicht. Und die Rolle des Seelsorgers war eine Last für ihn. Die Verkündigung des Evangeliums von Podium und Kanzel war seine Berufung, die Menschen hörten ihm gerne zu. Lebensnahe Predigten mit echten Kernbotschaften, die kamen an. Oft gabs noch einen Papierausdruck, den die Predigtbesucher mit nach Hause nehmen konnten.

Streitbar war er, wenn Menschen jeden Buchstaben in der Bibel für Gottes Wort hielten und sich bigott verhielten. Und dafür schätze ich ihn bis heute: Einfach nur glauben ... das ist zu wenig. Es darf und muss hinterfragt werden und die Auseinandersetzung gehört dazu.

Ja, und was ist nun das Erbe?

Er war:

Gläubiger
Fragender
Zweifelnder
Seelenhirte
Hoffender!
Betender
Sich Informierender
Lesender
Segnender
Erstgeborener (wie ich auch)
Humorist
Musikalischer
Künstler
Sammler
Zuhördender
Vater und Ehemann
Verkünder der Frohen Botschaft, Evangelist
Schreibender und Texter
Wortliebhaber
Geniesser
Liebender
Sensibler
Hellfühlender

Lehrer

Gesprächspartner

. . .

Ich habe vieles davon in mir und ich werde weiter hineinhorchen, was davon für mich zu leben ist. Erstmal: Danke, Papa!


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