Dieser Satz hat sich einmal bei mir festgehakt, da war ich noch ein Teenie. Und seither habe ich ihn nicht mehr vergessen. Es war ein Buchtitel, das Buch habe ich dann gar nicht gelesen. Das Zitat war mir Anstoss genug. Es hat mich geärgert! Das klang für mich so unerträglich schicksalergeben ..
Aber irgendwo im Hinterstübchen hat das seither immer geschlummert.
Als ich den Satz in die Suchmaschine eingegeben habe, stosse ich darauf, dass es ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer ist, dem evangelischen Märtyrer aus der Nazizeit. Dass dieses Zitat aus so einem berufenen Mund stammt, passt für mich. Er wusste sicher, wovon er spricht.
Ich war immer ein sehnsüchtiger Mensch mit grossen Plänen und vielen Träumen. Die Realität war weniger meine Domäne. Ich habe lange gebraucht um zu verstehen, dass Fundamente wichtig sind, um im Leben Träume verwirklichen zu können. Wenn der Träumerin Fundamentales fehlt wie Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen und Geduld - dann muss auch der lohnendste Traum scheitert.
Und: Nicht jeder Traum ist umsetzbar. Das war eher eine bittere Erfahrung.
Manches ist einfach gegeben und ich nehme heute es so an, wie es ist. Das ist ein sehr anstössiger Gedanke, in der jetzigen Welt: Schicksalergebenheit Zuzugeben, dass die Selbstoptimierung Grenzen hat. Dass es Dinge gibt, die nicht in unserer Macht liegen und ausserhalb unserer Reichweite. Dass ich nicht alles haben kann, was sich schön präsentiert und in Greifweite in der Schaufensterauslage des Lebens liegt, nur weil ich es möchte.
Ich nehme heute an, dass es so etwas wie Fügung wirklich gibt. Und eine höhere Macht? Ja, auch das.
Heute stosse ich mich nicht mehr an diesem Zitat, sondern kann ihm zustimmen. Ich finde nicht mehr, dass es schicksalsergeben klingt. Oder vielmehr: ich finde es nicht mehr schlimm, mich in meinem Schicksal hinzugeben. Ich kann damit leben, dass manche meiner grössten Wünsche vielleicht nie in Erfüllung gehen (eine eigene Firma, Segeln auf den Weltmeeren, ein Leben als Dona Juana ;) zB.).
Vielleicht werde ich etwas davon umsetzen, vielleicht auch nicht. Ich habe gerade nichts, was mich besonders drängt.
Und das sind ja wirklich keine besonders hehren Ziele, eher ein paar magere Beispiele. Sie fallen weit von dem ab, was Bonhoeffer einst damit gemeint haben mag.
Aber was ich damit sagen will ist: Ich bin bereit, das Leben anzunehmen, so wie es sich mir bietet. Ich bin kein besonders mutiger oder aktiver Mensch. Auch nicht besonders ausdauernd. Aber ich bin neugierig und fröhlich. Und ich stelle mich den Herausforderungen, die sich mir bieten. Ich bin bereit, zu leben.
Ich bemühe mich darum, die Welt besser zu machen, in dem ich bewusst mit mir selber und mit anderen Menschen umgehe. Möglichst friedlich. Ich fordere nicht nur, sondern ich gebe auch. Das scheint mir auch so ein weiterer Knackpunkt.
Die jetzige Welt ist so voller Schein, als wäre das Leben eine einzige Party und 24h Konsum. Der Körper ist ein Lifestyleprodukt und alle haben tollen Sex. Alles ist möglich oder käuflich. Kredite gibts ja heute eben auch problemlos.
Ein erfülltes Leben ist jedoch was ganz anderes, in meinen Augen. Und leider nicht käuflich zu erwerben!
Es ist nicht alles möglich. Es ist für mich ok. Ich glaube daran, dass alles einen höheren Sinn hat und ich gestehe mir ein, dass das mein Verstehen bei weitem übersteigt.
Trotzdem finde ich das Leben lebenswert. Ich schiebe deswegen nicht mehr mein Leben auf unbestimmte Zeit auf, nein, ich geniesse es, wenn das Leben mir Genuss bietet und ich leide daran, wenn das Leben Leiden bedeutet, aber ich nehme Tag um Tag, denn Leben, das ist das, was passiert während man andere Pläne macht ...*
* Wie Herr Ackerbau in seinem Kommentar richtig bemerkt, endet mein Posting mit einem Zitat von John Lennon, was mir gar nicht bewusst war: life is what happens to you while you're busy making other plans
Mit Bonhoeffer begonnen und mit Lennon-Zitat aufgehört... ;-)
AntwortenLöschenDas war mir nicht bewusst, danke für den Hinweis ...
AntwortenLöschenSehr treffend geschrieben, liebe Anne. Und ich glaube auch, dass wir Menschen überhaupt nicht alles bekommen sollen, was wir wollen - ich glaube, das würde träge und unglücklich machen auf Dauer. Und manche Träume sind ja auch viel schöner, wenn sie Träume bleiben.
AntwortenLöschenLiebe Grüsse
Clara