Donnerstag, 23. November 2017
Dankbar sein (müssen) und gläserne Decken
Sei dankbar?! An diesem Dankbarseinmüssen stosse ich mich, seit es mir besser geht und ich mit viel weniger Stress lebe. Dankbarsein. Sei dankbar. Da kommt mir auch das Lied Dankbar von den Toten Hosen in den Sinn.
Doch es gelingt mir nicht ständig, dankbar zu sein, weil ich mich nun keineswegs nonstop zufrieden fühle. Und das ist die Krux: Frust.
Wahrscheinlich hab ich mir das so gedacht: Geht es mir dann in meinem Leben mal besser, ist ab da dann alles in Butter.
Aber nun stosse ich mich an gläsernen Decken und Wänden. Mein bisheriges Leben wird mir zu eng. Hmpf. Nun soll ich also noch dankbar sein dafür, dass da wieder ein innerer Druck entsteht?!
Manchmal getraue ich mich kaum, darüber zu sprechen oder zu reden, wie frustriert ich mich manchmal fühle, weil ich ja eben "dankbar sein müsste". Doch es muss raus. Die Arbeit an mir selbst hört nicht einfach von einem Tag auf den anderen auf. Jammern auf hohem Niveau versus es-beschreiben-wie-es-für-mich-ist.
Ich komme nun einfach in neue Räume meines Leben, in denen ich vorher noch nicht war. Und auch das ist eine Herausforderung. Es ist einfach "anders" herausfordernd. Dankbar zu sein IST wichtig für mich. In Momenten der Frustration brauche ich aber was anderes. Weil die Seele mich dann braucht und nicht mit hohlen Phrasen beschwichtigt werden will.
Räume von denen ich nichts wusste oder die ich als unerreichbar für mich angeschaut habe tun sich vor mir auf. Es ist, als wäre mein Leben ein Haus und ich hätte vorher nur im Keller und im Ergeschoss gewohnt .. und an manchen Tagen in der staubigen Rumpelkammer.
Nun entdecke ich, dass da im Grunde noch viel mehr ist als das -- und da ist ein Erstaunen in mir und auch ein wenig ein Schock. Denn mir wird bewusst, wie eingeschränkt ich bis jetzt gelebt habe. Das muss ich erst mal setzen lassen.
Ich geh dann mal die Treppe hoch und schaue was es da so alles gibt ....
So ganz ist es eben auch noch nicht in meinem Bewusstsein angekommen, dass ich mich wirklich von einem grossen Teil meines Ballastes befreit habe.
Manchmal komme ich mir vor wie ein Goldfisch, den man aus seinem viel zu engen Glas geholt und in einen grossen See gesetzt hat; ich ziehe immer noch die gleichen engen Kreise, mental. Das Leben ist neu, aber das innere Programm ist noch alt.
Die Resignation ist wie vorprogrammiert. Auch das ist eben auch ein Prozess; der seine Zeit braucht. Mir meinen Raum auch zu nehmen, zu klären was ich NUN brauche -- denn was ich vorher gebraucht habe, dient mir jetzt nicht mehr und es ist wichtig, den Kopf zu heben und den Blick für neue Möglichkeiten offen zu halten -- und durchzuatmen.
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Liebe Anne,
AntwortenLöschennur weil es einem besser geht und man nicht mehr im Ausnahmezustand lebt, heisst das doch noch lange nicht, dass sofort alles nur toll ist oder man ab jetzt mit allem was besser ist, total zufrieden sein muss.
Du wächst und zu wachsen bedeutet nunmal auch, zu merken, wo es noch nicht so ist, wie es für einen selbst stimmig(er) wäre. Das ist ein normaler Prozess und hat nichts mit Undankbarkeit zu tun.
Manchmal denke ich auch, dass diese falsch verstandene Dankbarkeit, die ständig eingefordert wird, auch dazu dient, die Menschen mundtot zu machen. Wer nicht nach mehr/besserem fragt, der ist auch nicht unbequem.
Liebe Grüsse
Clara
Liebe Clara
LöschenWahrscheinlich hatte ich da einfach falsche Erwartungen. Dass ich automatisch mich auch ausgefüllt fühlen würde, wenn es mir besser geht. Doch besser trainiert, schwimmt man einfach weitere Strecken ...;) Die Route auch zu finden, ist ein ganz anderes Thema. Auf jeden Fall drösle ich das noch weiter auf und folge dem roten Faden. Ich weiss selber nicht so recht, wo diese Idee des "Dankbarseinmüssen" herkommt. Mit dem Schlusssatz trifftst du es ... da ist auf jeden Fall was dran ...
Lieber Gruss
Anne
Liebe Anne,
AntwortenLöschenein großer Dank an die Unzufriedenheit! Die macht dich neugierig auf andere Räume und schickt dich auf die Selbsterforschungsreise. Anstrengend und bereichernd.
Deshalb - wie du schon schreibst - ab und zu: d u r c h a t m e n !!!
Dein Vergleich mit dem Goldfisch ist schön. Es erstaunt mich immer wieder wie schwer es ist, sich von den eigenen Mustern zu lösen.
Viele Grüße,
Ulrike
Liebe Ulrike
LöschenDas ist ein ganz anderer Blickwinkel .. danke dafür! Also Dankbarsein fürs Grenzenfinden ... da muss ich noch reinspüren :)
Ja, das Loslösen von alten Mustern finde ich schwer.
Lieber Gruss
Anne