Mir fällt auf, dass man zwar über die Rückständigkeit von Religionen und der "Religion an sich" diskutiert -- aber sich schon längst neue Heilslehren breit gemacht haben. Healthy Lifestyle inkl. Fitnesswahn, Clean Food bis hin zur Esstörung -- und so weiter. Und aus der Ökologiebewegung ist teilweise ein menschenfeindlicher Ökofanatismus geworden. "Menschenhass" nennt es eine Freundin von mir. Andernorts wird hemmungslos dem Konsum gefrönt bis zum Abwinken. Da kampieren Leute vor Geschäften, nur um das neuste "Teil" zu ergattern. Ständig wird einem mit irgendwas vor der Nase rumgewedelt, ein Leben ohne Werbung gibts nicht mehr.
Ich weiss nicht, ob das wirklich ein "befreites" Leben ist. Ich stelle mir was anderes darunter, nämlich ein Überwinden von Ideologien und Abhängigkeit.
Genau das was man den Religionen vorgeworfen hat, passiert nun auf anderen Spielfeldern.
Was mir hilft
Wenn es um Ideologien und Überzeugen geht, habe ich für mich habe ich einige Antworten gefunden, die mir helfen, den Spreu vom Weizen zu trennen:
- Kann ich es in mein Leben integrieren?
- Tue ich es aus Überzeugung (von Herzen) oder weil ich einer "Regel" folge?
- Geniesse ich das, was ich tue/esse/lebe?
- Verbindet oder trennt es mich mit/von anderen?
- Ist es lebens- und menschenfreundlich?
- Gibt es mir Antworten auf viele Lebenssituationen oder nur für Sonnenscheintage?
- Gibt es Dinge, die ich "einfach glauben muss" um dazu zu gehören? Wie wird in dieser "Glaubensform" mit Zweiflern umgegangen?
Wenn ich folgendes erlebe, werde ich vorsichtig (unvollständige Liste):
- Dualistisches Denken (Gut/Schlecht)
- Der Körper als zu besiegendes/überwindendes Objekt
- Überheblichkeit der "Gerechten" gegenüber den Andersdenkenden/-essenden
- Missionierung
- Vertröstung auf späteren Erfolg/den Himmel etc.
- Gebote und Verbote
- Abgrenzung von anderen, Menschen werden voneinander separiert, auch innerhalb der Gruppierung
- Sektentum, Zwang
Die Bibel ist für mich nicht der Massstab aller Dinge, obwohl ich in dieser Religion aufgewachsen bin. Ich habe versucht, mich hier einzufügen, doch ich habe meinen Platz nicht gefunden. Trotzdem bleibe ich Mitglied der reformierten Landeskirche, ich fühle mich dieser Religion dennoch verbunden.
Glaube oder gib auf
Eine Zeitlang besuchte ich einen Hauskreis. Das ist eine christliche Gruppe die sich ausserhalb vom Gottesdienst trifft und dann Stellen aus der Bibel zusammen liest und bespricht und auch betet. Ich erlebte aber, dass ich mit meinen Fragen dort nicht erwünscht war. Eine Bekannte meinte, sie wolle nicht jedes Mal wieder von vorne anfangen. Sie glaube an Christus und sie wolle nicht jedes Mal wieder Grundsatzdiskussionen führen. Sie unterstellte mir und einem anderen Hauskreisbesucher, dass wir absichtlich diese Fragen stellen aus Freude am Diskutieren. Das hat mich sehr getroffen, in meinem Innersten. Ich habe mich verkannt und abgewiesen gefühlt. Da wusste ich, dass ich weiterziehen muss. Also bin ich schweren Herzens weitergezogen.
Und hab mich von nun an mit esoterischem Wissen beschäftigt. Das hatte ich mir bis da versagt, da dies ja "heidnisch" ist und nicht zum christlichen Weg passt ...
- - - to be continued - - -
Liebe Anne, das habe ich bei Christen oft erlebt - Du sollst einfach glauben und nicht nachfragen. Schon gar nicht kritisch sein oder gar Zweifel haben. Das ist sehr schade, weil ich gerade aus meinen Zweifeln und durch die Auseinandersetzung mit ihnen, vieles erkennen konnte, das tiefer lag als die oft so oberflächlichen Antworten.
AntwortenLöschenIch bin gespannt, wie es für Dich weiter ging!
Liebe Grüsse
Clara
Im Endeffekt ging es mir auch so. Erst durch das Hinterfragen kam ich zu eigenen Erfahrungen und Überzeugungen. Jedoch war es hart. Gerne hätte ich mich aber in diese christliche Gemeinschaft eingefügt, ich habe mich eine Zeitlang dort zu Hause gefühlt, doch wenn der Horizont zu eng wird, kann ich mich nicht darauf einlassen. Die Engstirnigkeit haben die Christen auch nicht für sich gebucht ;) das können auch andere ...
LöschenWerde bei Gelegenheit weiterschreiben ...
"Verbindet oder trennt es mich" - das ist sicher die wichtigste Frage. Gut, wenn man das vor Augen hat.
AntwortenLöschenFür mich ist es eine der Fragen, nicht die Wichtigste. Ich kann sie nicht über die anderen Fragen stellen. Gemeinschaft ja, aber nicht um den Preis der Selbstverleugnung.
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